Für fair geteilte Sorgearbeit von Anfang an

Für fair geteilte Sorgearbeit von Anfang an 

Freistellung nach Geburt einführen
exklusive Elterngeldmonate ausbauen!  

2024 wurde bei 46 Prozent der geborenen Kinder vom Vater Elterngeld bezogen. Die Mehrheit der Väter nutzt Elternzeit und Elterngeld somit nach wie vor nicht, auch wenn sich die Väterbeteiligung in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht hat. Sofern Väter Elterngeld beantragen, planen mehr als 70 Prozent lediglich die Mindestbezugsdauer von zwei Monaten ein.  Auch eine Reduktion des Erwerbsumfangs von Vätern ist bislang kaum erfolgt. Zwar sehen es 20 Prozent der Väter als ideal an, in längerer Teilzeit mit 25 bis 34 Wochenstunden erwerbstätig zu sein, allerdings wird dieser Erwerbsumfang nur in vier Prozent der Paarfamilien tatsächlich umgesetzt.
Mit der Geburt des ersten Kindes werden entscheidende Weichenstellungen hinsichtlich der künftigen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit getroffen. Die Zeit der Familiengründung ist die Phase im Lebenslauf, in der sich die Erwerbsbiografien von Frauen und Männern auseinanderentwickeln und sich die Sorgelücke vergrößert. Noch geht die Aufteilung in der Regel zu Lasten der Erwerbstätigkeit von Frauen, was sich nachteilig auf ihre eigenständige ökonomische Absicherung über den Lebensverlauf auswirkt.

 

Unsere Position

Ziel:  
Die faire Aufteilung der Sorgearbeit ab der Familiengründung muss stärker unterstützt werden. Die Politik ist gefordert, den Wünschen nach einer partnerschaftlichen Aufteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit Rechnung zu tragen, damit auch Mütter im weiteren Lebensverlauf ökonomisch auf eigenen Beinen stehen können. Es ist sinnvoll und notwendig, mit Anreizen für eine faire Verteilung unbezahlter Sorge- und Hausarbeit zwischen den Geschlechtern in dieser Phase anzusetzen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die die faire Verteilung für Eltern attraktiv machen. Müttern muss eine schnelle Rückkehr in den Erwerbsprozess ermöglicht und Väter müssen für die vermehrte und dauerhafte Übernahme von Sorgearbeit gewonnen werden.  

Notwendige Maßnahmen:  
Wichtige Maßnahmen für die gerechte Verteilung von Sorgearbeit von Anfang an sind sowohl die Einführung einer zehntägigen bezahlten Freistellung für Väter bzw. zweite Elternteile nach der Geburt als auch die Ausweitung der nicht übertragbaren Elterngeldmonate. Mit beiden Maßnahmen werden Anreize für Männer gesetzt, vermehrt Sorgearbeit zu übernehmen, und Frauen in ihrer Erwerbstätigkeit gestärkt. So kann bereits in der frühen 
Familienphase der Grundstein für eine längerfristige partnerschaftliche Arbeitsteilung gelegt werden, bei der Väter auch über diese frühe Phase hinaus ihre Erwerbsarbeitszeiten reduzieren und dies gesellschaftlich und betrieblich an Selbstverständlichkeit gewinnt. 

Die bezahlte Freistellung des zweiten Elternteils zur Geburt fördert nicht nur die Bindung zum Kind, sondern dient auch wesentlich dem Schutz der Mütter unmittelbar nach der Geburt und fördert damit die Übernahme von Aufgaben in Haushalt und Familie durch Väter oder zweite Elternteile. Sichergestellt werden muss, dass allen 
zweiten Elternteilen unabhängig von Familienstand oder Geschlecht die Inanspruchnahme dieser Leistung ermöglicht wird. Das Bündnis spricht sich für eine eigenständige Leistung zusätzlich zu Elterngeld und Elternzeit aus, die den Lohn in der Zeit der Freistellung vollständig kompensiert. Davon müssen auch Alleinerziehende profitieren:  Ihnen muss die Möglichkeit eröffnet werden, eine Vertrauensperson für die Freistellung nach der Geburt zu benennen.


Die Ausweitung der nicht übertragbaren Elterngeldmonate ist ein zweiter zentraler Ansatz, um die geschlechtergerechte Übernahme von Sorgeverantwortung zu fördern.  Das Elterngeldmodell mit 12+2 Anspruchsmonaten (maximal zwölf Monate Nutzungsdauer eines Elternteils und zwei zusätzliche Monate, soweit auch der andere Elternteil mindestens zwei Monate Elterngeld in Anspruch nimmt) führt in der Realität zu einer asymmetrischen Inanspruchnahme und hat sich als normatives Standardmuster und soziales Leitbild etabliert.  

Das Bündnis Sorgearbeit fair teilen spricht sich dagegen für die paritätische Aufteilung der Elterngeldmonate als neues Leitbild aus. Um langfristig diese geschlechtergerechte Arbeitsteilung zu erreichen, ist es wichtig, Anreize zu setzen, damit Väter und zweite Elternteile mehr Elterngeldmonate in Anspruch nehmen, in denen sie die alleinige Sorgeverantwortung tragen. Die partnerschaftliche Aufteilung der Elterngeldmonate soll durch 
schrittweise Erhöhung der Anzahl der nicht übertragbaren Elterngeldmonate erreicht werden. Dabei darf das aktuell gesetzlich geregelte Gesamtkontingent von vierzehn Elterngeldmonaten nicht gekürzt werden.  
Das Bündnis befürwortet zudem finanzielle Anreize für die paritätische Aufteilung der Elterngeldmonate, wie sie auch die Sachverständigenkommissionen des Neunten und des Zehnten Familienberichts vorgeschlagen haben. Bei schrittweiser Erhöhung der nicht übertragbaren Elterngeldmonate müsste demnach eine erhöhte Entgeltersatzrate an die jeweils paritätische Anzahl der möglichen Elterngeldmonate angepasst werden.  
Damit Alleinerziehenden kein Nachteil entsteht, müssen ihnen alle nicht übertragbaren Elterngeldmonate voll zur Verfügung stehen, und sie müssen für alle Elterngeldmonate von der erhöhten Entgeltersatzrate profitieren können. 
Um das Elterngeld existenzsichernd und sozial gerecht zu gestalten, sollte die Staffelung der Entgeltersatzrate zugunsten niedriger Einkommen verbessert und bis in den mittleren Einkommensbereich ausgeweitet werden. Zudem fordert das Bündnis, das Mindestelterngeld nicht auf Sozialhilfe bzw. Bürger*innen-Geld anzurechnen.  
Dringend notwendig sind zudem die Erhöhung sowie die regelmäßige Anpassung des Mindest- und Höchstbetrags beim Elterngeld an die allgemeine Preisentwicklung.  Im Anschluss an die Elterngeldphase werden Anreize für 
partnerschaftliche Arbeitszeitmodelle benötigt (beide Teilzeit bis hin zur kurzen Vollzeit), damit die faire Verteilung von Erwerbs- und Sorgearbeit längerfristig etabliert wird. Das Bündnis hält es zudem für notwendig, weitere individuelle Rechtsansprüche zur Übernahme von Sorgearbeit mit finanzieller Absicherung im Lebensverlauf sicherzustellen. Dazu gehört u. a. die Einführung einer Entgeltersatzleistung bei Reduzierung von Erwerbsstunden bzw. Erwerbsunterbrechung für Pflegezeiten.