Deutschland hat ein Problem: Männergewalt
Pressemitteilung zum Bundeslagebild Häusliche Gewalt
Das gerade veröffentlichte Bundeslagebild „Häusliche Gewalt 2024“ des Bundeskriminalamtes erschüttert und alarmiert: die Gewalt gegen Frauen hat erneut zugenommen. Wieder einmal. 2024 wurden 256.942 Betroffene häuslicher Gewalt registriert - ein neuer Höchststand. Die Zahlen sind dabei innerhalb der letzten fünf Jahre um insgesamt 17,8 Prozent gestiegen. Partnerschaftsgewalt macht weiterhin den größten Teil aus: 171.069 Betroffene, das sind fast zwei Drittel aller Fälle. Rund 80 Prozent der Opfer sind weiblich. Gewalt im eigenen Zuhause ist ein strukturelles Problem.
"Seit Jahren verzeichnen wir einen deutlichen Anstieg der Zahlen von Frauen, die von Partnerschaftsgewalt betroffen sind. Das zeigt auch das aktuelle Lagebild des Bundeskriminalamtes wieder eindrücklich. Hier besteht weiterhin akuter Handlungsbedarf! Daher fordern wir dringend eine umfassende Umsetzung des Gewalthilfegesetzes auf den Landesebenen, um endlich eine flächendeckende und bedarfsgerechte Unterstützung von Gewalt betroffenen Frauen in Deutschland sicherzustellen", so Bundessprecherin Dr. Marie-Luise Löffler.
Gewalt gegen Frauen muss gesellschaftlich sichtbarer und geächtet werden
Das Bundeslagebild macht das systemische Ausmaß von Gewalt gegen Frauen – mit einem besonderen Fokus auf Partnerschaftsgewalt – einmal mehr deutlich. Die Ursache von Gewalt gegen Mädchen und Frauen liegt, wie auch die Istanbul-Konvention aufzeigt, in einem ungleichen Machtverhältnis zwischen Frauen und Männern und weiterhin traditional tradierten Rollenbildern. Das hat vielfältige Auswirkungen - u.a. finanzielle Abhängigkeiten von Frauen gegenüber Partnern, die ein Lösen aus von Gewalt belasteten Beziehungen stark erschwert.
Wir fordern die Politik auf, hier Mädchen und Frauen endlich umfassend und nachhaltig vor Gewalt zu schützen und gezielt bei Jungen und Männern anzusetzen. Denn Gewalt gegen Frauen kostet nicht nur Leben, sondern sie kostet den Staat – und damit uns alle – jedes Jahr Milliarden Euro an Steuergeld.
Partnerschaftsgewalt ist Männergewalt
Wie auch das diesjährige Bundeslagebild zeigt, wird geschlechtsspezifische Gewalt überproportional von Männern ausgeübt, insbesondere von Partnern oder Ex-Partnern. In Trennungs-oder Scheidungssituationen sind Frauen besonders gefährdet. Gewalttätiges Verhalten gegenüber Mädchen und Frauen wird zunehmend akzeptiert und als normal empfunden, zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt die kürzlich erschienene Mitte-Studie 2024/2025 der Friedrich-Ebert-Stiftung. Hier ist schnelles Handeln geboten! Wir brauchen dringend geschlechtsspezifische Präventionsarbeit mit Jungen bereits im Kita-Alter und im Bereich der Schule. Und wir brauchen einen Ausbau der Täterarbeit, um Gewalt vorzubeugen und zu bekämpfen.
Istanbul- Konvention verpflichtet
Die Istanbul-Konvention verpflichtet Deutschland seit 2018, Mädchen und Frauen umfassend gegen Gewalt zu unterstützen und zu schützen – und Gewalt präventiv vorzubeugen. Sie hat den Status eines Bundesgesetzes und muss daher konsequent umgesetzt und mit ausreichenden Geldern hinterlegt werden, unter anderem für Schutzplätze, Beratungsstellen und insbesondere auch für den Bereich Prävention, wie die Täterarbeit.
Die Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes seitens der ehemaligen Bundesregierung Anfang dieses Jahres war ein wichtiger Meilenstein, um hier weitere wichtige Schritte voranzugehen. Das Gesetz muss nun auf den Länderebenen umfassend und intersektional umgesetzt werden, damit eine tatsächliche Verbesserung im Zugang zu Schutz und Unterstützung für Gewalt betroffene Frauen – unabhängig ihres Wohnorts – Realität wird. Angesichts der dramatischen Zahlen muss hier nun unverzüglich gehandelt werden.
Wir fordern:
- Eine umfassende und intersektionale Umsetzung des Gewalthilfegesetzes auf den Landesebenen (einschließlich der Täterarbeit)
- Eine Anpassung des Asyl-und Aufenthaltsgesetzes für einen gleichberechtigten Zugang zu Schutz und Beratung für geflüchtete Frauen
- Eine zeitnahe und vollumfängliche Umsetzung der 47 Handlungsempfehlungen zur Prävention geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ mit ausreichender Bereitstellung von Geld und Personal
- Anpassung des Rechtsrahmens im Bereich Sorge-und Umgangsrecht an die Vorgaben der Istanbul-Konvention: Häusliche Gewalt muss endlich angemessen bei Entscheidungen zu Sorge-und Umgangsrechten berücksichtigt und Kinder ausreichend vor Gewalt geschützt werden
- Novellierung des Rechtsrahmens im Bereich digitale Gewalt: Erweiterung der Straftatbestände, um Betroffene von digitaler Gewalt umfassender zu schützen
Berlin, den 24.11.2025
Dr. Marie-Luise Löffler
Bundessprecherin
